English version below.
Am Dienstag wurde der Kollektivvertrag verhandelt. Wir wollen euch einen Einblick geben, wie es zu dem jetzigen Ergebnis kam und weswegen wir in diesem Jahr das Ergebnis akzeptieren müssen. Ein Teil des Riders Collective war vorm Gebäude bei der Demo, um auf den Ausschluss der freien Dienstnehmer*innen aus kollektiven Verhandlungen hinzuweisen und Druck aufzubauen, diese Situation zu ändern. Der andere Teil von uns war bei der Verhandlung, um für die wenigen angestellten Radbot*innen in Österreich eine Lohnerhöhung sowie die Erhöhung des Kilometergeldes zu erstreiten. Auf unserer Forderungsliste stand viel mehr, beispielsweise auch ein Sonntagszuschlag oder Taggelder wie sie auch im verwandten KV Kleintransport gezahlt werden, ebenso wie ein Coronabonus - vor allem kommunizierten wir die Notwendigkeit, freie Dienstnehmer*innen mit in die Verhandlungen einzubeziehen. Die Wirtschaftskammer hatte an diesen Themen jedoch kein Interesse - vor allem im Bezug auf FD fehlt schlicht und einfach die verbindliche Rechtsgrundlage. Nach Stunden hitziger Debatte (es war am Dienstag bereits die zweite Runde) machten sie uns ein überraschendes und final klingendes Angebot, das uns viel zu wenig war. Nach weiteren Stunden aufgeheizter Diskussion und Unterbrechungen fokussierten wir uns nur noch auf Lohn, Kilometergeld und Sonntagszuschlag. Auch wenn wir auf drei Viertel unserer Forderungen verzichteten mussten, war unser finales Angebot fair und gut. Die Arbeitgeber*innen waren jedoch nicht einverstanden. Sie verließen den Raum für 15 Minuten um zu beratschlagen. Aus 15 Minuten wurden 30. Es wurde offensichtlich, dass sie kein drittes Date mit uns wollten - und ein Abbruch der Verhandlungen eine sehr schwierige Situation gebracht hätte, die wir verhindern wollten.
Letztendlich konnten wir uns auf 2,2% Lohnerhöhung und eine Anhebung des Kilometergeldes von 0,14 € auf 0,24 € einigen, sowie ein Commitment, dass der Sonntagszuschlag für nächstes Jahr noch zur Diskussion steht. Im Branchenvergleich der Gewerkschaften ist das doch ein ziemlich gutes Ergebnis auf das wir stolz sein können - auch wenn es noch viel mehr sein müsste und alle Bot*innen inkludiert werden müssen!
Dieses ziemlich gute Ergebnis gilt leider nur für etwa ein Drittel aller Radbot*innen in Österreich. Der Großteil von uns arbeitet unter einem Freien Dienstvertrag, der aus dem Arbeitsverfassungsgesetz ausgenommen ist. Damit ist nichts, was im Kollektivvertrag für FDs stehen könnte, rechtlich bindend und könnte genauso gut nicht dort stehen. Wir haben uns entschieden, nicht den möglichen Weg einer unverbindlichen Empfehlung über FDs im KV zu gehen, da wir damit keinerlei rechtliche Bindung erreichen würden - und für die angestellten Kolleg*innen weniger ausverhandeln hätten können. Stattdessen fordern wir mit Rückhalt der Gewerkschaft Vida und des ÖGB eine Änderung der Gesetzeslage um verbindliche Normen zu schaffen und freie Dienstnehmer*innen in kollektiven Verhandlungen vertreten zu können. Der Dienstag war nicht das Ende der Geschichte, es war der Anfang - wir müssen Zusammenhalten und weiter Druck aufbauen! Gemeinsam zeigen wir, dass freie Dienstnehmer*innen nicht ungehört bleiben und die selben Rechte verdienen wie ihre Kolleg*innen!
Es ist uns klar, dass es enttäuschend ist, ohne einen substantiellen Verhandlungserfolg nach Hause zu gehen, aber jeglicher 'Erfolg' in dieser Hinsicht zu diesem Zeitpunkt wäre das Papier, auf dem er geschrieben wurde, nicht wert. Viel mehr war das der Beginn eines Kampfes, denn wir nur gemeinsam tragen können um echte Mitbestimmung und Absicherung auch für freie Dienstnehmer*innen zu erreichen. Wir haben an jeder Stelle der Verhandlungen und mit der Demonstration deutlich gemacht, dass wir der Aushebelung des Arbeitsrechts und dem Ignorieren hunderter Arbeitnehmern*innen mit freien Dienstverträgen ein Ende setzen werden. Die Aktion am Dienstag war nicht das Ende der Fahnenstange - gleichzeitig sind so massive Schritte nicht auf einmal bewältigbar. Auch der jetzt bestehende Kollektivvertrag (seit 2020) hat mehr als 2 Jahre gebraucht, um zustande zu kommen - die Ungeduld unsererseits und die unserer Kolleg*innen war damals nicht geringer als sie es jetzt ist! Wir können aber nicht für schnelle "Erfolge" auf dem Papier echte Mitbestimmung und unsere Rechte als Arbeitnehmer*innen opfern - deswegen der gewählte Weg.
Es ist ein langer Weg, der vor uns liegt, aber wir haben am Dienstag gezeigt, dass wir laut sind, dass wir viele sind und dass wir echte Mitbestimmung fordern und uns nicht auseinander treiben lassen als Bot*innen, egal welcher Vertrag!
Freie Dienstnehmer*innen leisten die selbe Arbeit, haben aber nicht die Möglichkeit, über ihre Arbeit, die täglich verrichtetet wird und Rechnungen zahlt, mitzubestimmen. Oft arbeiten FDs mehr als 40h pro Woche ohne Überstundenzuschlag oder sonstige Zuschläge. Es gibt keine Möglichkeit kollektiv über bessere soziale Absicherung, Krankenstand oder die Höhe eines Mindestlohns zu verhandeln. Wenn etwas nicht passt, ist man frei zu gehen. Zu einer Zeit wo 500.000 Menschen in Österreich arbeitslos sind, ist man schnell ersetzt. Wir werden das ändern.
Arbeitgeber*innen wollen lieber Einzelvereinbarungen, denn einen einzelnen Finger bricht man leichter als eine Faust. Und der freie Dienstvertrag macht es ihnen noch viel leichter, jegliche Mindeststandards und Normen zu umgehen. Eine Chance auf Verbesserung haben wir nur im Kollektiv. Jede*r einzelne macht einen Unterschied, wenn wir uns zusammentun! Danke an alle Kolleg*innen und Unterstützer*innen, die vor Ort waren und auch den vielen die nur im Herzen dabei sein konnten, aber uns ihre Unterstützung zugesagt haben! Wir müssen mehr werden und uns vereinigen; dann ändern wir eben das Gesetz und erreichen Mitbestimmung, soziale Absicherung und einen Mindestlohn für alle!
Same Job - Same Rights!
Falls ihr Fragen oder Anregungen habt, schreibt uns bitte unter riderscollective@oegb.at oder via SM!
________________________________
The collective agreement was negotiated on Tuesday. We want to give you an insight into how the current result came about and why we have to accept the result this year. One part of the Riders Collective was in front of the building at the demo to point out the exclusion of freelancers from collective bargaining and to build pressure to change this situation. The other part of us was at the negotiations to demand a wage increase and an increase of the kilometre allowance for the few employed bike messengers in Austria. There was much more on our list of demands, for example a Sunday supplement or daily allowances like those paid in the related collective agreement on small transport, as well as a Corona bonus - above all we communicated the need to include freelance workers in the negotiations.
However, the Chamber of Commerce was not interested in these issues - especially with regard to FD, the binding legal basis is simply missing. After hours of heated debate (it was already the second round on Tuesday) they made us a surprising and final sounding offer, which was far too little for us. After more hours of heated discussion and interruptions, we focused only on wages, mileage and Sunday pay. Even though we had to give up three quarters of our demands, our final offer was fair and good. However, the employers did not agree. They left the room for 15 minutes to discuss. It became obvious that they did not want a third date with us - and that breaking off the negotiations would have created a very difficult situation, which we wanted to avoid.
In the end, we agreed on a 2.2% wage increase and an increase of the kilometre allowance from 0.14 € to 0.24 €, as well as a commitment that the Sunday supplement is still open for discussion next year. Compared to other trade unions in the sector, this is a pretty good result we can be proud of - even if it should be much more and all messengers have to be included!
Unfortunately, this pretty good result only applies to about one third of all bicycle messengers in Austria. The majority of us work under a free service contract, which is excluded from the Labour Constitution Act. This means that nothing that could be in the collective agreement for FDs is legally binding and might as well not be there. We have decided not to go down the possible path of a non-binding recommendation on FDs in the collective agreement, as we would not achieve any legal binding force - and would have been able to negotiate less for the salaried colleagues. Instead, with the support of the Vida trade union and the ÖGB, we demand a change in the legal situation in order to create binding norms and to be able to represent freelance workers in collective bargaining. Tuesday was not the end of the story, it was the beginning - we have to stick together and keep up the pressure! Together we show that freelancers do not go unheard and deserve the same rights as their colleagues!
We realise that it is disappointing to go home without a substantial negotiating success, but any 'success' in this regard at this point would not be worth the paper it was written on. Rather, it was the beginning of a struggle that we can only carry together to achieve real co-determination and protection for freelancers as well. We have made it clear at every point of the negotiations and with the demonstration that we will put an end to the undermining of labour law and the ignoring of hundreds of workers with freelance contracts. Tuesday's action was not the end of the line - at the same time, such massive steps cannot be taken all at once. The current collective agreement (since 2020) also took more than 2 years to come about - the impatience on our part and that of our colleagues was no less then than it is now! But we cannot sacrifice real co-determination and our rights as workers for quick "successes" on paper - that's why we chose this path.
There is a long way to go, but on Tuesday we showed that we are loud, that we are many, and that we demand real co-determination and will not be driven apart as messengers, no matter what the contract! Freelancers do the same work, but they don't have the possibility to have a say about their work, which is done every day and pays the bills. Often FDs work more than 40 hours per week without overtime pay or other bonuses. There is no possibility to collectively negotiate better social security, sick leave or the level of a minimum wage. If something doesn't fit, you are free to leave. At a time when 500,000 people are unemployed in Austria, you are quickly replaced. Employers prefer individual agreements, because it is easier to break a single finger than a fist. And the free employment contract makes it even easier for them to circumvent any minimum standards and norms. We only have a chance to improve collectively. Every single one of us makes a difference when we join forces! Thank you to all the colleagues and supporters who were there and also to the many who could only be there in their hearts but pledged their support! We have to become more and unite; then we will change the law and achieve co-determination, social security and a minimum wage for all!
Same Job - Same Rights!